Streit um Einberufung und Tagesordnung in der Gesellschafterversammlung

Einberufung und Tagesordnung als juristisches Schlachtfeld im Gesellschafterstreit

Der Gesellschafterversammlung ist das Organ in der GmbH, in der die wesentlichen Entscheidungen für die Gesellschaft getroffen werden. Wesentliche Entscheidungen sind schon von Gesetzes wegen den Gesellschaftern vorbehalten wie die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer oder Satzungsänderungen. Andererseits können durch Gesellschafterbeschluss auch die Geschäftsführer zu konkreten Rechtshandlungen verpflichtet werden (Weisungsrecht).

Daneben wird auch das Verhältnis der Gesellschafter untereinander maßgeblich durch Gesellschafterbeschlüsse geprägt, etwa wenn über den Ausschluss von Gesellschaftern zu entscheiden ist, oder wenn die Gesellschafter nur durch Zustimmung anderer ihre Geschäftsanteile veräußern dürfen (sogenannte „Vinkulierung“, vgl. § 15 Abs. 5 GmbHG).

In der zeitgenössischen Wirtschaftspraxis, insbesondere am dynamischen Standort Berlin mit seiner hohen Dichte an Technologie-Startups, Venture-Capital-Finanzierungen und traditionellen Mittelständlern, stellt die Gesellschafterversammlung der GmbH einen zentralen Austragungsort innergesellschaftlicher Konflikte dar. Der sogenannte Gesellschafterstreit ist selten das Ergebnis eines singulären Ereignisses; er ist vielmehr die Kulmination langjähriger strategischer Divergenzen, persönlicher Animositäten oder veränderter ökonomischer Rahmenbedingungen.

Worüber in der Gesellschafterversammlung diskutiert und beschlossen wird, bestimmt sich maßgeblich nach der festgelegten Tagesordnung. Diese ist somit nicht bloß eine Liste von Gesprächspunkten, sondern bestimmt maßgeblich den zulässigen Beschlussrahmen und definiert die Grenzen der Willensbildung des höchsten Organs der Gesellschaft. Was nicht auf der Tagesordnung steht, kann grundsätzlich nicht beschlossen werden; was fehlerhaft darauf steht, macht den daraufhin gefassten Beschluss angreifbar.

Vor diesem Hintergrund wird der Streit um einzelne Beschlussgegenstände in der Regel auf einen Streit um die Tagesordnung und um die ordnungsgemäße Einberufung der Gesellschafterversammlung vorverlagert.

Wenn Gesellschafterbeschlüsse sodann gerichtlich angegriffen werden, prüft ein Gericht in Berlin, ob die Einberufung – und mithin auch die Tagesordnung – ordnungsgemäß erfolgt ist.

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In diesem Beitrag erhalten Sie einen Überblick über die wesentlichen Regelungen über die Einberufung von Gesellschafterversammlungen einer GmbH, den Streit um die Tagesordnung sowie das rechtliche Vorgehen gegen rechtswidrig gefasste Gesellschafterbeschlüsse.

Inhaltsverzeichnis:

Bitte beachten Sie auch unseren Legal Disclaimer am Ende dieses Beitrags.

Sie sind Gesellschafter einer GbR? Einen Beitrag zum Gesellschafterstreit in der GbR, insbesondere zu Kündigung, Ausschluss und Abfindung eines Gesellschafters finden Sie in diesem Beitrag.

Was ist Zweck der Tagesordnung?

Der Zweck einer Tagesordnung kann selbstverständlich als bloße Reihenfolge abzuarbeitender Themen in der Gesellschafterversammlung der GmbH gesehen werden. Dies greift jedoch zu kurz. Vielmehr muss sie im Lichte der Regelungen über die Einberufung einer Gesellschafterversammlung (§§ 49 ff. GmbHG) gesehen werden.

Die rechtzeitige Einberufung einer Gesellschafterversammlung

Gemäß § 51 Abs. 1 GmbHG wird die Gesellschafterversammlung einer GmbH mittels eingeschriebenen Briefs mit einer Frist von mindestens einer Woche bewirkt. Diese Vorschrift ist disponibel, d.h., dass insbesondere durch Satzung von ihr abgewichen werden kann. Dies ist in Zeiten moderner Kommunikationsmittel auch zu empfehlen. So wird üblicherweise in den Gesellschaftsverträgen vorgesehen, dass die Einberufung beispielsweise auch per E-Mail erfolgen darf. Zugleich werden typischerweise auch die Fristen zur Einberufung angepasst. Häufig wird zwischen außerordentlichen und ordentlichen Gesellschafterversammlungen differenziert und zwei (außerordentlich) bzw. vier (ordentlich) Wochen zur Vorbereitung auf die Gesellschafterversammlung vorgesehen.

Zweck dieser Vorgaben zur Einberufung ist, dass alle Gesellschafter rechtzeitig über die Gesellschafterversammlung der GmbH informiert sind und zudem die Gelegenheit haben sich ausreichend hierauf vorzubereiten. Dies geschieht bei komplexeren Themen wie Strukturmaßnahmen häufig auch durch die Heranziehung externer Expertise wie die von Anwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern.

Hinweis am Rande: Zumeist sehen die Gesellschaftsverträge der GmbH vor, dass diese zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Personen auch unmittelbar der Gesellschafterversammlung beiwohnen dürfen. In gesellschaftsrechtlichen Krisenfällen begleite ich Sie als Anwalt für Gesellschafterstreitigkeiten (Corporate Litigation) in Berlin selbstverständlich auch zu den Gesellschafterversammlungen und stehe Ihnen ratgebend zur Seite. Kontaktieren Sie mich gern jederzeit, wenn Ihnen eine konfliktträchtige Gesellschafterversammlung bevorsteht.

Kein Gesellschafter soll von den Beschlussgegenständen erst in der Versammlung überrascht oder überrumpelt werden. Hierzu ist es wichtig, nicht nur zu wissen, wann die Gesellschafterversammlung stattfindet, sondern auch, worum es gehen wird. Hier kommt die Tagesordnung ins Spiel:

Ankündigung des Zwecks der Gesellschafterversammlung

Gemäß § 51 Abs. 2 GmbHG soll bei der Einberufung auch der Zweck der Gesellschafterversammlung der GmbH angekündigt werden. Das bedeutet, dass mit der Einladung auch mitzuteilen ist, worum es gehen soll. Dies geschieht üblicherweise durch die Mitteilung der Tagesordnung. Zwingend ist erforderlich ist dies nicht, jedoch wird die Bekanntgabe des Versammlungszwecks typischerweise durch die Mitteilung der Tagesordnung gehandhabt. Die Tagesordnung enthält dann die Reihenfolge, in der die Themen behandelt werden.

Da typischerweise der Zweck der Gesellschafterversammlung durch Ankündigung der Tagesordnung erfolgt, wird in diesem Beitrag auch davon ausgegangen.

Aus § 51 Abs. 4 GmbHG ergibt sich zugleich, dass die Einberufung und die Bestimmung der Beschlussgegenstände für die Gesellschafterversammlung nicht gleichzeitig erfolgen müssen. Letzteres kann auch nach der Einberufung geschehen.

Wer darf die Gesellschafterversammlung einberufen?

Die Kompetenz zur Festlegung der Tagesordnung ist untrennbar mit der Einberufungskompetenz verbunden. Grundsätzlich obliegt diese den Geschäftsführern (§ 49 Abs. 1 GmbHG). Dies gilt auch in Krisenzeiten oder bei internem Streit.

Der Gesetzgeber hat allerdings vorhergesehen, dass gerade in Konfliktfällen der Geschäftsführer nicht allein hierüber bestimmen kann. Vielmehr regelt § 50 GmbHG entsprechende Minderheitenrechte. So können Gesellschafter, die zusammen mindestens 10 % der Geschäftsanteile auf sich vereinen, dass eine Gesellschafterversammlung einberufen wird. So soll verhindert werden, dass bspw. Gesellschafter-Geschäftsführer die Einberufung blockiert, um für ihn nachteilige Beschlüsse zu vermeiden. Wenn die Gesellschafter die Einberufung gemäß § 50 Abs. 1 GmbHG „verlangen“ so soll der Geschäftsführung diese einberufen. Setzt die Geschäftsführung dieses Verlangen nicht um, indem sie die Gesellschafterversammlung einberuft, so können auch die Gesellschafter selbst die Gesellschafterversammlung einberufen (Selbsthilferecht der Gesellschafter, § 50 Abs. 3 GmbHG).

Die Gesellschafterversammlung entscheidet sodann darüber, ob den Gesellschaftern die durch die Einberufung entstandenen Kosten zu ersetzen sind (§ 50 Abs. 3 S. 2 GmbHG). Im Allgemeinen wird angenommen, dass die Gesellschafter nur dann gegen die Kostenübernahme durch die Gesellschaft stimmen dürfen, wenn die Einberufung offensichtlich überflüssig oder unvernünftig war. Dies wird selten der Fall sein.

Wer darf Punkte auf die Tagesordnung setzen, wenn hierdurch der Zweck der Versammlung angekündigt wird?

Die den Zweck der Versammlung ankündigende Tagesordnung wird grundsätzlich durch die einberufene Geschäftsführung erstellt. Auch wenn die Geschäftsführung die Tagesordnung erstellt, können Gesellschafter, die zusammen mindestens 10 % der Geschäftsanteile halten, verlangen, dass diese auf die Tagesordnung gesetzt werden (§ 50 Abs. 2 GmbHG). Geschieht dies nicht, steht Ihnen wiederum das Selbsthilferecht gemäß § 50 Abs. 3 GmbHG offen, welcher nicht bloß für die eigentliche Einberufung, sondern auch für die Beschlussgegenstände gilt.

Zu welchem Zeitpunkt müssen die Beschlussgegenstände und Tagesordnung feststehen?

Aus § 51 Abs. 4 GmbH ergibt sich, dass die Beschlussgegenstände nicht schon bei Einberufung der Gesellschafterversammlung angekündigt werden müssen. Vielmehr genügt grundsätzlich, dass der Versammlungszweck (in der Regel die Bekanntgabe der Tagesordnung) mindestens drei Tage vor der Versammlung angekündigt werden. Bis zu diesem Zeitraum darf eine zuvor bereits angekündigte Tagesordnung um weitere Beschlussgegenstände erweitert werden.

Wer bestimmt über die Reihenfolge der Tagesordnung?

Die konkrete Reihenfolge der Tagesordnungspunkte wird grundsätzlich durch den Versammlungsleiter bestimmt. Die Gesellschafter können eine geänderte Reihenfolge beschließen. Rechtzeitig (siehe § 51 Abs. 4 GmbHG) gestellte Beschlussanträge können jedenfalls nicht ohne Zustimmung des beantragenden Gesellschafters von der Tagesordnung gestrichen werden. Gleiches soll gelten, wenn durch die Umstellung der Tagesordnung Minderheitenrechte verletzt werden (BeckOK GmbHG/Schindler, 65. Ed. 1.2.2025, GmbHG § 48 Rn. 58).

Wie konkret müssen die Beschlussgegenstände auf der Tagesordnung bestimmt werden?

Aus der Informationsfunktion der Tagesordnung leitet sich her, dass die Beschlussgegenstände so konkret beschrieben werden müssen, dass die anderen Gesellschafter erkennen können, worum es genau geht (Noack/Servatius/Haas/Noack, 24. Aufl. 2025, GmbHG § 51 Rn. 30). So soll die Formulierung „Änderung der Geschäftsführung“ ungenügend sein, wenn ein Geschäftsführer abberufen werden soll (Noack/Servatius/Haas/Noack, 24. Aufl. 2025, GmbHG § 51 Rn. 31). Zugleich soll der Tagesordnungspunkt der Abberufung eines bestimmten Geschäftsführers nicht ausweisen müssen, dass dieser aus wichtigem Grund abberufen werden soll und welche Gründe hierfür maßgeblich sind (BGH, Urteil vom 30. 11. 1961 – II ZR 136/60).

Rechtsfolgen von Mängeln der Einberufung

Die Auswirkungen von Mängeln der Einberufung können hier nur grob skizziert werden. Im Detail existiert hierzu eine umfangreiche Rechtsprechung, welche sich auf den jeweiligen Fehler beziehen. Je nach Fehler ist zu unterscheiden, ob die in einer rechtswidrig einberufenen Gesellschafterversammlung gefassten Gesellschafterbeschlüsse nur anfechtbar oder sogar nichtig sind. Darüber hinaus können Fehler in Ladung und Ankündigung auch ausnahmsweise unbeachtlich sein. Dies ist eine Frage des Einzelfalls.

Ist ein Gesellschafterbeschluss nichtig, so gilt er als nicht existent. Besteht Streit über die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses, so kann dies mittels Nichtigkeitsklage (Nichtigkeitsfeststellungsklage) gerichtlich geklärt werden.

Sind rechtswidrig zustande gekommene Gesellschafterbeschlüsse lediglich anfechtbar, so sind sie dennoch wirksam. Gegen diese kann mittels Anfechtungsklage (Beschlussanfechtungsklage) erhoben werden. Ist die Klage erfolgreich, erklärt das Gericht die Beschlussfassung für nichtig. Die Anfechtungsklage sollte analog § 246 Abs. 1 AktG innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung erhoben werden. Läuft die Anfechtungsfrist ab, ohne dass Klage erhoben worden ist, bleibt der Beschluss wirksam.

Können Mängel nach § 51 GmbHG noch geheilt werden?

Grundsätzlich gelten die allgemeinen Regelungen, dass Heilung der Mängel etwa durch bestätigenden Gesellschafterbeschluss, nachträgliches Einverständnis oder Rügeverzicht eintreten kann.

Daneben regelt § 51 Abs. 3 GmbHG explizit, dass im Falle einer Vollversammlung Mängel in Form- und Frist der Einberufung geheilt werden können. Voraussetzung dessen ist, dass alle Gesellschafter an der Versammlung teilnehmen und zudem mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung einverstanden sind. Ein Gesellschafter, der auf einer Vollversammlung erscheint und sich dennoch auf die Mängel der Einberufung stützen will, sollte im Regelfall der Abhaltung der Gesellschafterversammlung widersprechen und sich nicht an der Beschlussfassung beteiligen. Die vorherige Abstimmung mit einem versierten Rechtsanwalt für Beschlussmängelrecht in Berlin erscheint unerlässlich.

Fazit

Der Streit um die Tagesordnung ist oft Symptom eines umfassenden Gesellschafterkonflikts. Für Gesellschafter und Geschäftsführer in Berlin eröffnen sich erhebliche Risiken bei der Missachtung rechtlicher Vorgaben. Die Unsicherheit, ob Gesellschafterbeschlüsse rechtswirksam zustande gekommen sind, kann ein Unternehmen lähmen.

Als Anwalt für Gesellschafterstreit (Corporate Litigation) in Berlin stehe ich an Ihrer Seite, um Ihre Rechte als Minderheits- oder Mehrheitsgesellschafter durchzusetzen und fehlerhafte Beschlüsse zu Fall zu bringen, oder um als Geschäftsführung rechtssichere Beschlüsse zu gewährleisten. Kontaktieren Sie mich gern.

Dieser Blogbeitrag bietet einen allgemeinen Überblick über die Tagesordnung einer Gesellschafterversammlung, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung und Beschlussmängelstreitigkeiten. Er wurde sorgfältig recherchiert und nach bestem Wissen erstellt, kann jedoch keine individuelle Rechtsberatung ersetzen. Beachten Sie, dass Rechtslage und Rechtsprechung sich ändern können und die Situation jedes Einzelnen unterschiedlich ist. Alle Informationen erfolgen ohne Gewähr auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Für konkrete Entscheidungen und Gestaltungen empfehlen wir, stets fachkundigen Rat einzuholen. Der Autor übernimmt keine Haftung für etwaige Schäden, die aus der Anwendung der in diesem Artikel enthaltenen Informationen entstehen.

Bitte sehen Sie diesen Beitrag als erste Orientierung und nicht als abschließende Beratung. Wenn Sie sich in einem Gesellschafterstreit befinden oder rechtliche Fragen dazu haben, lassen Sie sich individuell durch einen Anwalt in Berlin beraten. So stellen Sie sicher, dass alle Aspekte (einschließlich steuerlicher Auswirkungen und branchenspezifischer Besonderheiten) berücksichtigt werden.